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Höllentrip, Der (Mediabook, Blu-ray+DVD)

Höllentrip, Der (Mediabook, Blu-ray+DVD)
USA 1980
Regisseur: Ken Russell
Darsteller: William Hurt, Drew Barrymore
Bildformat: 1.85:1 (16:9)
Filmlänge: ca. 103 Minuten
Sprachen:
Englisch (DTS-HD Master Audio 5.1)
Englisch (Linear PCM 2.0 Stereo)
Deutsch (Dolby Atmos 7.1.4)
Deutsch (DTS-HD Master Audio 5.1)
Deutsch (Linear PCM 2.0 Stereo)
Untertitel: Deutsch, Englisch
PLAION PICTURES

Der Höllentrip ist eines jener Werke, die schwer einzuordnen sind – Science-Fiction, psychologisches Drama und spirituelles Fieberdelirium in einem. Der Film erzählt von Dr. Edward Jessup (William Hurt in seinem Debüt), einem Neurophysiologen, der in Isolationstanks und durch halluzinogene Drogen den Ursprung des menschlichen Bewusstseins erforscht.

Jessup glaubt, dass in jeder Zelle die Erinnerung an die gesamte evolutionäre Geschichte steckt – ein Gedanke, der ihn auf eine gefährliche Reise führt: in die prähistorischen Tiefen seines eigenen Ichs. Mit jeder Versuchsreihe verliert er mehr die Kontrolle – und verwandelt sich buchstäblich in eine archaische, urzeitliche Lebensform.

Was zunächst wie ein experimentelles Forschungsprojekt beginnt, wird zur Metapher für den uralten Konflikt zwischen Wissenschaft und Mystik, Erkenntnis und Selbstzerstörung. Der Film stellt die Frage: Wie weit darf der Mensch gehen, um sich selbst zu verstehen?

Ken Russell war nie ein Regisseur der Zwischentöne – und Der Höllentrip ist seine kompromissloseste Arbeit. Wo andere Regisseure Subtilität suchen, entfesselt Russell Bilder von ekstatischer Intensität. Schon in der Eröffnungssequenz, wenn Jessup nackt in der Dunkelheit des Tanks schwebt, überzieht Russell das Bild mit surrealistischen Visionen: flackernde Lichter, sich auflösende Körper, tanzende Flammen, Kreuzigungsszenen, Schlangen und Schädel.

Diese Sequenzen sind keine bloße Effekthascherei, sondern eine visuelle Umsetzung des inneren Chaos. Die visuelle Sprache von Kameramann Jordan Cronenweth balanciert zwischen klinischer Kälte und mystischer Überwältigung.

Russells Film ist ebenso eine Hommage an die psychedelische Ästhetik der 1970er-Jahre wie eine Vorwegnahme der Körperhorror-Themen von David Cronenberg (Videodrome, The Fly). Doch wo Cronenberg analytisch bleibt, ist Russell zutiefst emotional: Sein Film ist ein Schrei der menschlichen Seele, gefangen zwischen Wissenschaft und Glauben.

William Hurt – damals noch völlig unbekannt – trägt den Film mit magnetischer Präsenz. Seine Darstellung ist von fiebriger Besessenheit geprägt, zugleich intellektuell und animalisch. Er wirkt wie ein moderner Dr. Jekyll, der sich selbst in Stücke reißt, um an den Ursprung des Lebens zu gelangen.

Blair Brown überzeugt als Emily, seine Frau und emotionale Gegenspielerin. Sie ist die menschliche Erdung inmitten der metaphysischen Raserei – ihre Liebe hält Jessup in der Realität.

Auch Bob Balaban und Charles Haid liefern starke Nebenrollen als wissenschaftliche Skeptiker, die Zeugen eines wissenschaftlichen Albtraums werden.

Der Höllentrip ist ein Film der Extreme – und gerade darin liegt seine Größe. Paddy Chayefsky, der bereits Network schrieb, wollte eigentlich eine philosophische Allegorie über den Ursprung des Bewusstseins schaffen; doch Ken Russell, der Exzentriker des britischen Kinos (Gothic, Der Biss der Schlangenfrau, Die Teufel), machte daraus eine visuelle Offenbarung.

Russells Film ist keine lineare Erzählung, sondern eine Reise in die Tiefen des Bewusstseins – anstrengend, fordernd, aber faszinierend. Er zeigt den Menschen als Experiment an sich selbst, als Wesen, das in der Suche nach Wahrheit bereit ist, seine eigene Identität zu opfern.

Philosophisch gesehen ist Der Höllentrip fast gnostisch: Die Wahrheit liegt nicht außerhalb, sondern im Inneren – im Schmerz, in der Auflösung, im Chaos.



Die Blu-ray basiert auf der neuen 4K-Abtastung (von Warner archiviert und von Studiocanal lizenziert) erstellt vom Original-Kameranegativ und wurde mit Dolby Vision und HDR10 remastered.

Die Schärfe ist hervorragend, besonders in Labor- und Dschungelszenen, wo Details wie Schweiß, Steinstrukturen oder Blutreste bisher kaum sichtbar waren.

Beim Ton ist die deutsche DTS-HD MA 5.1-Spur ein Erlebnis: Der elektronische Score von John Corigliano (Oscar-gekrönt für The Red Violin) entfaltet sich in breiter Dynamik, die Halluzinationssequenzen haben durchdringende Basswellen, und die Dialoge bleiben klar verständlich.

Die Disc bietet zusätzlich informative Extras: Interviews, Trailer und ein hervorragendes Booklet mit Essays über Russell und die Produktionsgeschichte.

Fazit

Der Höllentrip ist kein einfacher Film, sondern eine Grenzerfahrung.
Er zwingt den Zuschauer, über die Grenzen von Wissenschaft, Religion und Identität nachzudenken – und tut das mit einer Vehemenz, wie man sie im heutigen Kino kaum mehr findet.

Ken Russell erschafft ein Werk zwischen Genialität und Wahnsinn – ein Kinoerlebnis, das man nicht konsumiert, sondern durchlebt.

Ein filmisches Experiment, das noch Jahrzehnte später nachhallt.

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